SICHTGRÜN – DIE STEINERNEN TÄLER UND GRÜNEN HÜGEL DER STADT
Stadtspaziergang Gespräche + Workshops Soziale / Urbane Bewegung(en)Das 20. Jahrhundert baute mit Sichtbeton, das 21. Jahrhundert baut Sichtgrün. In der Düsseldorfer Innenstadt befindet sich die größte Grünfassade Europas: Auf dem Areal Kö-Bogen II, zwischen Shadowstraße, Hofgarten und Schauspielhaus, befindet sich ein Geschäfts- und Bürogebäude, dessen Dach und Seiten mit ca. 30.000 Hainbuchen bepflanzt sind. Auf einheitliche 1,35 Meter gestutzt bilden sie eine Hecke von insgesamt rund 8 Kilometern Länge. Diese Architektur wird als Vorbote einer Tendenz des Stadtumbaus gefeiert, die Klaus Englert in seinem kürzlich erschienenen „Architekturführer Düsseldorf“ auf die Formel „von der barocken Gartenstadt zur Green City“ bringt.
Die Green City der Zukunft ist alles andere als autofrei – der Verkehr wurde neugeordnet, durch Tunnel geführt und ist nun unsichtbar. Stattdessen soll die weitgehend verrohrte und überbaute Düssel vielerorts wieder freigelegt werden, sodass ein blaugrüner Ring aus Wasserläufen und Parkflächen entsteht, der nebenbei die kulturellen Hotspots der Stadt verbindet. Im Rekurs auf das historische Stadtbild werden die ‚Bausünden‘ der Nachkriegszeit, mitunter als „zweite Zerstörung Düsseldorfs“ tituliert, ausgebügelt. Und mit der Neugestaltung des Gustaf-Gründgens-Platzes wurde ein unwirtlicher Durchgangsort in einen attraktiven öffentlichen Platz verwandelt. Die Stadt, so das Versprechen, wird repariert und den Bürger*innen zurückgegeben – als ein Lebensraum, der die Bedürfnisse von Mensch und Natur, Kultur und Shopping, Klima und Urbanität ganzheitlich und nachhaltig miteinander verbindet. Wie stimmig sind diese Narrationen, die die städtebaulichen Eingriffe und Planungen begleiten? Während beim Sichtbeton auf die Verkleidung der tragenden Konstruktion verzichtet wird, verdeckt das Sichtgrün nicht nur die verbauten Betonmassen, sondern auch die Eigentums- und Arbeitsverhältnisse, die die neu entstandene Stadtlandschaft prägen.
Der Schauspieler und Performer Hauke Heumann sowie der Fotograf und Künstler Jan Lemitz haben einen Stadtspaziergang entwickelt, bei dem Texte und Bilder mit konkreten Orten im Stadtraum konfrontiert werden. Auf dem Weg zu den steinernen Tälern und grünen Hügel der Stadt werden historische Projektionen erfahrbar und Fragen an die aktuelle Stadtentwicklung laut. Welchen Platz hat die Stadtbevölkerung angesichts eines Baugeschehens zwischen Naturnachahmung und Investment? Und welche Formen öffentlichen Lebens können in diesem Stadtraum stattfinden?
Kompliz*innen
Von und mit
Von und mit: Moritz Hannemann, Hauke Heumann, Jan Lemitz. Audioaufnahmen: Simon Nieder. Gestaltung Faltblatt: Marian Fitz. Dank: Theatermuseum Düsseldorf / Dumont-Lindemann-Archiv, Katrin von Chamier / human voice studio.
Credits
Re-Imagining Public Life wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Medienkunstfonds.