Im Rahmen von PLACE INTERNATIONALE

03.09. – 02.10.2021

PLACE INTERNATIONALE ist ein Raum für künstlerische, urbane und aktivistische Praktiken, die die Erinnerung vergangener und die Imagination kommender Aufstände verknüpfen. Das Stadtlabor begleitet den Umzug des FFT ins KAP1 am Düsseldorfer Hauptbahnhof und rahmt die Spielzeit 2021/22.

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Susanne Fasbender, Detlef Hartmann

One big union? Zur historischen Entwicklung linker Kämpfe

Ein Interview von Susanne Fasbender mit Detlef Hartmann

Interview/Diskussion Gespräche + Workshops Soziale / Urbane Bewegung(en)

Seit 2012 setzt sich die Düsseldorfer Filmemacherin Susanne Fasbender mit den neuen Formen sozialer Bewegungen im Zusammenhang von Klimakrise und Kapitalismuskritik auseinander. Dabei wurden Interviews zu einem zentralen Anker ihrer Arbeit. Im Rahmen von Place Internationale sucht sie das Gespräch mit Detlef Hartmann, der als Autor, Aktivist und Anwalt zahlreicher linker Aktivist*innen seit den 1968er Jahren eine konsequente Analyse der kapitalistischen Sozialtechniken und der alle Lebensbereiche betreffenden Verwertung des Subjekts entwickelte. Mit seiner Theorie der sozialen Revolution, die er vor dem Hintergrund einer umfassenden historischen Kenntnis linker Kämpfe weltweit entwarf, lassen sich auch heute noch Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit finden.

So diskutiert Hartmann bereits in seinem 1981 erschienen Buch Leben als Sabotage: Zur Krise der technologischen Gewalt das „Leben als Strategie der Freiheit und des subjektiven Reichtums“. Aus ihm heraus könne sich ein autonomes revolutionäres Potential gegen die Innovationsdynamiken kapitalistischer Herrschaftslogik entfalten. Im zweiten Band seines als Trilogie angelegten Werks Krisen – Kämpfe – Kriege, der den Titel „Innovative Barbarei gegen soziale Revolution“ (2019, Verlag Assoziation A) trägt, erarbeitet er eine minutiöse Analyse der Massengewalt im 20. Jahrhundert von Deutschland, über die USA und Japan bis hin zur Sowjetunion. Es handelt sich um „ein radikales, aufrüttelndes Buch, das einen großen Teil nicht nur linker Geschichtsschreibung und Mythenproduktion auf den Prüfstand stellt – mit besorgniserregenden Perspektiven für die Zukunft –, und eines der wichtigsten Werke linker Selbstvergewisserung im noch kurzen 21. Jahrhundert.“

Ausgehend von seinem gemeinsam mit Christopher Wimmer geschriebenen Buch Die Kommunen vor der Kommune 1870/71, das 2021 anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Pariser Commune erschien, wird Susanne Fasbender im Interview mit Detlef Hartmann dessen Praxis und Theorie sozialer Revolution nachvollziehen.

Von und mit

Detlef Hartmann , Jahrgang 1941, seit Ende der 1960er ununterbrochen aktiv in sozialen, insbesondere Häuserkämpfen, immer in offener Gegnerschaft gegen formelle Parteibildungen, marxistische Orthodoxie und den Glauben an die Möglichkeit kampfunabhängiger objektiver wissenschaftlicher Erkenntnis. Nach Studium in Hamburg und Berkeley, einem Zentrum der 68er-Revolten und Bewegung gegen den Vietnamkrieg, Anwaltstätigkeit in Köln vor allem im Kontext der Kämpfe gegen Stadtsanierung, Vertreibung, Psychiatrie, Ausländerpolitik. Ehemaliger Mitarbeiter der Zeitschrift „Autonomie“ und danach bis heute im Redaktionskollektiv der „Materialien für einen neuen Antiimperialismus“.

Susanne Fasbender wurde 1959 in Bad Godesberg geboren. Sie ist Videokünstlerin und Filmemacherin und hat mit ihren Videos, Videoinstallationen, Filmen und Bildkunst an zahlreichen Ausstellungen und Festivals international teilgenommen. Sie gründete den Kunstfilmtag in Düsseldorf im Jahr 2007 und war dessen künstlerische Leiterin bis 2012. Seit 2012 liegt ihr Schwerpunkt auf einer beständigen Auseinandersetzung mit Grundverhältnissen der Gewalt im gesellschaftlichen Zusammenleben. Es entstand die free media-Produktionsplattform brandfilme für aktivistische und künstlerische Filme zu Klimakrise, kapitalistischer Herrschaft und Widerstand – zugleich auch als ein Einsetzen für den Erhalt freier aktivistischer filmischer Kunstformen, die sie durch die Macht des Kulturbetriebes und seine Fähigkeit, sich die Vermittlungsformen sozialer Bewegungen einzuverleiben, bedroht sieht. Im Widerspruch zum herrschenden Begriff „Talking Heads“, der für sie das ‚Elend der Verwertung‘ auf den Punkt bringt, werden ihre Interviews zu einem zentralen Anker ihrer Arbeit: Anwesenheit und Nähe des Individuums im Gespräch; Autonomie des Subjektes; Denken, Wissen, Gefühl – das Einzelne in seiner Vielgestalt.