Speziestrouble und die Unruhe des Planetarischen
In Kooperation mit der Kunstakademie Düsseldorf
Vortrag + Gespräch Gespräche + Workshops Soziale / Urbane Bewegung(en)
Zum Auftakt der dreiteiligen Vortragsreihe Fremder Planet spricht die Theaterwissenschaftlerin Ulrike Haß über die Gattung Mensch, die erste biologische Spezies, die ein massenhaftes Artensterben verursacht. Das Bild, das diese Spezies sich von sich selbst macht, ist historisch gewachsen – und entscheidend für den menschlichen Triumph über die Natur.
Dieser ist vor allem von der christlichen, westlichen weißen Welt mit ihrem Rationalismus forciert worden. Er basiert jedoch auf Entscheidungen aus vorchristlichen Zeiträumen. Besonders wichtig dafür ist die Selbstdefinition als Spezies. In sehr langen Zeiträumen verdrängen agrarische, sesshafte Kulturen die nomadischen, werden die weit verbreiteten Vorstellungen von einer uterinen Herkunft des Lebens durch die Entdeckung eines männlichen Anteils an der Zeugung abgelöst. Das Gewicht verlagert sich langsam von der Geburtlichkeit auf die Erzeugung. Sobald das Sperma als erste Zeugungsursache festgestellt ist, gilt Zeugung als ein männliches Projekt. Es entsteht eine Genderbinarität. Sie erlaubt, Menschen als solche zu definieren, die aus zwei Menschen kommen. Speziesübergreifende Verwandtschaften und Genderpluralität werden als „not human“ ausgeschlossen. Ein inklusiver Gattungsbegriff kappt die Beziehungen zu jeglicher Form von anderen Leben, von denen die Gattung abhängt. Heute verursacht erstmals eine biologische Spezies ein massenhaftes Artensterben und es entsteht die Perspektive, dass sich das Leben selbst zerstören kann.
Über die Vortragsreihe
Globale ökologische und politische Herausforderungen prägen die Gegenwart, wir erleben eine rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und ein Revival der Raumfahrt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Phänomenen? Und was haben sie mit dem Wiedererstarken autoritärer Regierungsformen zu tun? Die Vorträge der Reihe untersuchen den Wandel des Bildes, das der Mensch von sich selbst und der Welt entwirft – mit Ulrike Haß, Jan Völker und Samo Tomšič.
Von und mit
Ulrike Haß ist Theaterwissenschaftlerin, Publizistin und emeritierte Professorin an der Ruhr-Universität Bochum. Gastprofessuren u.a. in Paris, Frankfurt am Main, Bloomington (Indiana). Zuletzt ging es ihr um den antiken Chor und sein Nachleben im Theater der Gegenwart (Kraftfeld Chor, Berlin 2021), derzeit um Chorkulturen der Jungen-Mädchen in der Archaik.
Marcus Quent ist Juniorprofessor für Philosophie an der Kunstakademie Düsseldorf.
Credits
Die Veranstaltungsreihe „Fremder Planet – Weltverhältnis im Umbruch“ ist eine Kooperation zwischen der Kunstakademie Düsseldorf und dem Forum Freies Theater Düsseldorf.
Konzeption: Marcus Quent.