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27.09.2024
#TikToxic #Performance

Mit Kunst frauenfeindliche Netzwerke unterwandern

„Myke“ von onlinetheater.live im Oktober im FFT

Zweifelhafte Dating-Tipps, Fantasien über männliche Vorherrschaft, Gewalt und Selbstoptimierungs-Marketing – auf Social Media gibt es viele Menschen, die mit frauenverachtenden Videos und Bildern Klicks generieren. Dabei richten sich ihre Inhalte vor allem an junge Männer. Die Künstler*innen von onlinetheater.live haben ein Experiment gewagt: Für „Myke“ haben sie mit Schauspieler*innen Videos aufgenommen, die sich der Sprache von Männlichkeits-Influencern wie zum Beispiel Andrew Tate bedienen. Aber: Die Künstler*innen schlagen in ihren Videos einen versöhnlichen Ton an und bedienen sich keiner einfachen Klischees. Über Monate haben sich onlinetheater.live in männlich dominierten Bubbles Gehör verschafft. Das Ergebnis präsentieren sie am Freitag, 25. Oktober um 20 Uhr bei einer Lecture Performance im FFT. Im Interview hat uns Caspar Weimann von onlinetheater.live mehr über den Prozess berichtet.

Für eure Recherche habt ihr viele Videos geschaut, in denen sogenannte „Alpha-Männer“ Ratschläge geben. Gibt es ein Video, das dir dabei besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Oh ja! Es gab eins, wo den Zuschauenden anhand eines selbst gemalten Comics pseudowissenschaftlich erklärt wurde, warum Frauen gefühlskalt und eigennützig ihre (Ex-)Ehemänner ausnehmen und warum das Konzept der (heterosexuellen) Ehe unglaublich ausbeuterisch Männern gegenüber sei. In Wirklichkeit profitieren Männer von solchen Ehen. Für sie verbessert sich sowohl die Lebensqualität, als auch die Lebenserwartung. Bei Frauen sinkt beides, wenn sie einen Mann heiraten. Aber das Video hat auf so perfide Weise die Wahrheit verdreht, dass man danach der Ansicht sein könnte, dass Frauen einfach die Wurzeln allen Übels sind. Und das wurde von Hunderttausenden Menschen angeschaut und gelikt.

Welche Botschaft wolltet ihr den jungen Zuschauer*innen mit euren Videos und Postings vermitteln?

Der für mich zentrale Punkt ist, zu zeigen, wie wichtig Empathie ist. Empathie ist der Wesenszug, der von Maskulinisten aktiv weggeschoben wird. Wir müssen zeigen, dass wir als Gesellschaft nur dann wirklich vorankommen, wenn wir empathisch sind miteinander – und zwar mit allen Menschen und nicht nur mit einer bestimmten Gruppe.

Welche Online-Reaktion auf eines eurer Videos hat euch besonders beeindruckt?

So viele. Ganz besonders erinnere ich mich an einen Moment in der Kommentarspalte von einem unserer Videos, in dem wir deutlich gemacht haben, dass alle Menschen irgendwann Hilfe brauchen und dass es wichtig ist, danach zu fragen. Ein User hat darunter die Worte geschrieben: “Ich brauche keine Hilfe.” Das hatte mich erst entsetzt als Reaktion auf genau dieses Video. Ich habe dann geschrieben: “Folg mir gerne, falls es mal doch so ist.” Darauf schrieb er: “Ok.” Und tatsächlich ist er dann dem Profil gefolgt und hat sich die meisten anderen Videos angeschaut.

Was erwartet die Besucher*innen bei der Lecture Performance im FFT?

Wir wollen den Besuchenden mitteilen, was wir herausgefunden und gelernt haben. Seit Monaten haben wir Kontakt mit Menschen aus der Bubble – viele davon verherrlichen Gewalt, haben Depressionen oder wollen witzig sein und geben dann sexistische Kackscheiße von sich. Da hat sich einiges an Material und Erfahrungen angesammelt. In der Lecture Performance werden wir die Besuchenden mitnehmen in unsere Sammlung und herausfinden, was das alles mit uns zu tun hat.

onlinetheater.live
MYKE
Freitag, 25. Oktober, 20 Uhr